Im Koran spielen Madd‑Regeln (arabisch: مد) eine zentrale Rolle in der korrekten Rezitation. Das Wort Madd bedeutet wörtlich „Verlängerung“ oder „Ausdehnung“. Durch Madd werden Vokale um eine bestimmte Anzahl von Ḥarakāt (Zählzeiten) verlängert, was die Klangmelodie und die Bedeutung beeinflusst. Dieser Artikel erläutert die verschiedenen Arten von Madd, die zugehörigen Regeln und liefert anschauliche Beispiele.
Was ist Madd? Definition und Buchstaben
In der arabischen Sprache bezeichnet Madd die Verlängerung einer Vokalisation über die normalen Kurzvokale hinaus. Im Tadschwīd umfasst Madd drei Buchstaben:
- Alif (ا): Langer „ā“-Laut, wenn ihm ein Buchstabe mit Fatha vorausgeht.
- Wāw (و): Langer „ū“-Laut, wenn ihm ein Buchstabe mit Damma vorausgeht.
- Yāʾ (ي): Langer „ī“-Laut, wenn ihm ein Buchstabe mit Kasra vorausgeht.
Es ist wichtig, dass die entsprechenden kurzen Vokale vor den Madd‑Buchstaben stehen. Fehlt der passende Vokal, handelt es sich nicht um einen echten Madd.
Die zwei Grundarten von Madd
Die Gelehrten unterscheiden zwischen Madd Asli (Madd Tabīʿī) und Madd Farʿī (sekundärer Madd):
| Art | Beschreibung | Dauer |
|---|---|---|
| Madd Asli (natürlicher Madd) | Grundlegende Verlängerung eines Madd‑Buchstabens ohne externe Ursache. Er bildet die Basis aller Verlängerungen. | Immer 2 Ḥarakāt (Zählzeiten) |
| Madd Farʿī (sekundärer Madd) | Verlängerungen, die durch das Auftreten von Hamza (ء) oder Sukūn ( ْ ) entstehen. Hier unterscheidet man verschiedene Unterarten, deren Länge zwischen 2 und 6 Ḥarakāt liegt. | Zwischen 2 und 6 Ḥarakāt |
Unterarten des sekundären Madd
Der sekundäre Madd (Madd Farʿī) wird je nach Ursache weiter unterteiltsurahquran.com:
- Madd aufgrund von Hamza:
- Madd Badal (إبدال): Hier wird der Hamza durch einen Madd‑Buchstaben ersetzt. Beispiel: ﴿آمنوا﴾. Länge: 2 Ḥarakāt.
- Madd Muṭṭasil (verbundener Madd) (arabisch: المد المتصل): Hamza folgt direkt auf den Madd‑Buchstaben innerhalb des gleichen Wortes; er muss 4, 5 oder 6 Ḥarakāt verlängert werden.
- Madd Munfasil (getrennter Madd) (arabisch: المد المنفصل): Hamza erscheint am Anfang des nächsten Wortes; die Verlängerung ist flexibel (2, 4 oder 6 Ḥarakāt).
- Madd aufgrund von Sukūn:
- Madd Lāzim (obligatorischer Madd) (arabisch: المد اللازم): Ein dauerhaftes Sukūn folgt, zum Beispiel bei bestimmten Buchstaben oder Wörtern. Dieser Madd muss 4 bis 6 Ḥarakāt lang sein und gilt als einer der längsten.
- Madd ʿĀriḍ li‑s‑Sukūn (arabisch: المد العارض للسكون): Das Sukūn entsteht nur beim Anhalten (Pause). Die Verlängerung dauert 2, 4 oder 6 Ḥarakāt. z.B. (العالمين)
Unterschied zwischen Madd Muṭṭasil und Madd Munfasil
Die beiden am häufigsten diskutierten Unterarten des sekundären Madd sind Madd Muṭṭasil und Madd Munfasil. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Unterschiede:
| Merkmal | Madd Muṭṭasil (verbunden) | Madd Munfasil (getrennt) |
|---|---|---|
| Definition | Der Madd‑Buchstabe und die Hamza befinden sich im selben Wort, z. B. “جاء” | Madd‑Buchstabe steht am Ende eines Wortes und Hamza am Anfang des nächsten Wortes, z. B. “بما أنزل” |
| Regel | Muss verlängert werden (wājib). Bei den meisten Qiraʾāt (Lesearten) 4 oder 5 Ḥarakāt, teilweise 6. In Hafs 4! | Verlängerung ist erlaubt, aber nicht verpflichtend (jāʾiz). Man kann 2, 4 oder 6 Ḥarakāt rezitieren. In Hafs entweder 2 oder 4. HINWEIS: wenn man sich ein Mal für eine Länge entschidet, muss man sich bis Ende der Rezitation daran halten! |
| Länge | Standard: 4–6 Ḥarakāt | Standard: 2–5 Ḥarakāt |
| Beispiel | “السَّماءِ” | “في أنفسكم” |
Madd al‑Lāzim: Der obligatorische Madd
Eine besondere Stellung nimmt der Madd Lāzim ein. Er tritt auf, wenn ein Madd‑Buchstabe auf ein dauerhaftes Sukūn trifft – etwa im Wort ﴿الٓمص﴾ (bei den Anfangsbuchstaben mancher Suren). In diesem Fall muss der Rezitator die Verlängerung deutlich verlängern (4 bis 6 Ḥarakāt), und sie gilt als stärker als alle anderen Madd‑Arten. Laut klassischer Regeln hat der Madd Lāzim die höchste Priorität in der Reihenfolge der Verlängerungensurahquran.com.
Visualisierung: Länge der verschiedenen Madd‑Arten
Die folgende Abbildung veranschaulicht die typischen Verlängerungsdauern der unterschiedlichen Madd‑Arten. Die Ḥarakāt (Zählzeiten) werden als Balken dargestellt, um den relativen Unterschied besser zu erfassen:
Tipps zum Üben der Madd‑Regeln
- Höre und imitiere: Nutze Aufnahmen professioneller Rezitatoren, um ein Gefühl für die unterschiedlichen Verlängerungen zu entwickeln.
- Zähle die Ḥarakāt: Zähle beim Rezitieren bewusst die Takte („eins, zwei, …“), um die Länge zu kontrollieren.
- Lerne bei einem qualifizierten Lehrer: Die richtige Aussprache der Madd‑Regeln erfordert korrigierendes Feedback. Ein Lehrer kann Fehler in der Vokallänge sofort erkennen und korrigieren.
- Vermeide Übertreibungen: Eine zu starke Verlängerung kann die Bedeutung verändern oder zu Unklarheiten führen. Halte dich an die von deinen Lehrern vorgegebene Länge.



